Geschlechter werden & wieder loswerden

25.-30.08.2024

Die Auflösung des traditionellen Frauen- und Männerbildes: für viele eine lang erkämpfte Befreiung, für manche Selbstverständlichkeit, für autoritäre Politiker:innen der Untergang des Abendlandes. Was ist das Problem? Wohin zielt die Diffamierung von Queerness in Wirklichkeit? Wie stets an der Summer School Südtirol wird die politische, soziale und persönliche Dimension beleuchtet: Wie ist es heute, ein Mädchen zu sein? Wie wird ein Junge zum Mann? Und was, wenn weiblich und männlich sich überholen und die binären Schranken ganz hinter sich lassen? Was bedeutet es, ein Geschlecht zu werden – und was bedeutet es, es wieder loszuwerden? Die Schriftstellerin und Theaterautorin Maxi Obexer hat die Summer School Südtirol 2015 mit dem Ziel gegründet, wichtige Fragen der Gegenwart mit der Öffentlichkeit zu teilen, und dabei die Erfahrungen und das Wissen von Expert:innen aus verschiedenen Bereichen zusammenzuführen. Zum Team gehören Anna Heiss, Maria Lobis, Anne Schneider, Carmen Torggler und Judith Waldboth. Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei, eine Anmeldung nicht notwendig, Spende erwünscht. Sie können auch an einzelnen Veranstaltungsabenden teilnehmen.

Programm

25.08.2024 – 30.08.2024

Summer School 2024

IM JUBILÄUMSJAHR ERWARTEN SIE WIEDER AUFREGENDE VORTRÄGE, LESUNGEN, PERFORMANCES, KONZERTE UND WERKSTÄTTEN.

Geschlechter werden & wieder loswerden

Geschlechter, Identitäten und queere Formen

Unsere Gesellschaft propagiert Normen, wie ein Mensch zu sein hat: sich als Frau oder Mann zu identifizieren und heterosexuell zu lieben. Männlich und weiblich – natürlich gegeben für die einen, natürlich konstruiert für die anderen. Für viele ist es ein schmerzhaftes Korsett. Die Eröffnung am Sonntag, 25. August, beginnt um 19 Uhr, die folgenden Abendveranstaltungen jeweils um 18 Uhr. Sie sind für alle offen. Die Teilnahme ist kostenlos, über eine Spende freuen wir uns.

 

Download:
Programm

 

Wir bringen Sie nach Hause.
Schloss Velthurns ist die Reise wert.

Bitte nutzen Sie den Bus zur Fahrt von Klausen oder Brixen nach Felthurns. Hier finden Sie alle Verbindungen.

Für die Rückfahrt nach Klausen und Brixen sorgen wir. Gute Fahrt.

 

Zusammenarbeit:
SAAV Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung (Trägerverein)
NIDS Neues Institut für Dramatisches Schreiben, Berlin
WW Wiener Wortstaetten, Wien
NMT Netzwerk der Münchner Theatertexter:innen, München

Sonntag, 25. August 2024, 19 Uhr

Eröffnung Summer School 2024

ERÖFFNUNGSREDE, BEGRÜSSUNG, VORTRAG, LESUNG, KONZERT

Drei Herzen und in jedem Arm ein Gehirn!

Leo Andergassen, Direktor Schloss Velthurns
Hedwig Unterfrauner, Gemeindereferentin für Kultur
Mariano Paris, Vorsitzender im Bildungsausschuss Feldthurns
Grußworte

 

Maxi Obexer, Gründerin der Summer School Südtirol, Schriftstellerin, Theaterautorin, Berlin/Südtirol

Wohin zielt die Diffamierung von Queerness?
Eröffnungsrede

 

Alexander Graeff, Schriftsteller, Philosoph und Kulturvermittler, Berlin

Tentakel ausbilden. Ein Plädoyer für ein queeres Denken und Handeln
Vortrag

 

Ein großer Pool der Inspiration für Erzählungen sind Erzählungen über nicht-menschliches Leben. Beim Blick auf andere Spezies können wir erfahren, dass wir selbst relationale Wesen und aufeinander angewiesen sind. Wir teilen uns nicht nur den Planeten, wir teilen auch Diskurse und Materie. Mit seinem Konzept »Tentakel ausbilden« versucht sich der Schriftsteller und Philosoph Alexander Graeff an einer poetischen wie essayistischen Ausweitung des Queer-Begriffes. Dabei lässt er sich von Oktopoden, Quallen und Schwämmen inspirieren, denn diese Wesen wabern wie das Wort »queer« wabert. Und schließlich ist ja auch das menschliche Bewusstsein wirbellos.

 

Erica Fischer, Schriftstellerin, Barcelona

Autorin von „Aimée & Jaguar“, einer verbotenen Liebesgeschichte zwischen einer jüdisch-deutschen jungen Frau und einer Nazi-Mitläuferin und Mutter von vier Söhnen in Zeiten des Krieges. Die dokumentarische Erzählung wurde in 20 Sprachen übersetzt und erregte in der Verfilmung von Max Färberböck weltweites Aufsehen.

Lesung

Am 1. Januar 2023 wurde Erica Fischer 80 Jahre alt, ein geeigneter Anlass, einige autobiografische Texte zu schreiben. Spät lieben gelernt. Mein Leben, Berlin Verlag bezieht sich nicht so sehr auf ihre späte Liebesbeziehung mit M. als auf den Mangel an Liebe in ihrer Herkunftsfamilie. In zehn Kapiteln denkt die Autorin über die wesentlichen Eckpunkte ihres Lebens nach, das von den jeweiligen politischen Ereignissen und Stimmungen geprägt war und ist: Kindheit im englischen Exil der Eltern, Jugend in Wien, Kinderlosigkeit, Freitod des Bruders, Jüdischsein, Frausein, Liebe, Altwerden, Schreiben, Fremdsein in Deutschland.

 

Nina Duschek, Musikerin, Meran

Über Schmerz, Heilung und die Romantik des Queeren
Konzert

 

Moderation: Anna Heiss

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

19:00

Montag, 26. bis Freitag, 30. August 2024, 10 – 13 Uhr

Textwerkstatt

Literarisch-dramatische Workshops

Auf Einladung der Summer School Südtirol arbeiten bekannte und aufstrebende Autor:innen mit professioneller Begleitung an Texten und reflektieren sie gemeinsam mit Theresa Seraphin (NMT Netzwerk der Münchner Theatertexter:innen, Mentorin), Bernhard Studlar (Wiener Wortstätten, Mentor), Maxi Obexer (Neues Institut für Dramatisches Schreiben, Berlin, Mentorin): Toni Bernhart – Südtirol/Berlin, Annalena Kluge – Südtirol, Lena Simonetti – Südtirol, Moritz Franz Beichl – Wien, Allex. Fassberg – Berlin, Jerusalem, Jan Geiger – München, Lisa Jeschke – München, Mazlum Nergiz – Wien, Berlin, Raphaëlle Oskar – Berlin, Kroatien.

 

 

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

täglich 10:00 – 13:00

Montag, 26. August 2024, 18 Uhr

Forum 1

VORTRAG, LESUNGEN

Quer durch den Körper

Wenn einer Ausgrenzung die nächste folgt

 

Nivedita Prasad, Professorin für genderspezifische Soziale Arbeit an der Alice-Salomon-Hochschule Berlin

An der Schnittstelle von Rassismus, Sexismus, Klassenunterdrückung und Transphobie

Die Idee des Intersektionalen

Vortrag

 

Mazlum Nergiz, Autor und Dramaturg, Mitglied der Leitungsgruppe am Schauspielhaus Wien

„Koma“, Merz Verlag, 2023

Was ist der Unterschied zwischen meiner Lust und meiner Verzweiflung?

Lesung

 

Ein Mann erfährt vom Unfalltod seines Bruders. Er trennt sich von seinem überbehütenden Partner und fliegt ins Ausland, um einen Vortrag über autobiografische Täuschungen in der Literatur zu halten. In der fremden Metropole angekommen, vertröstet er seinen Auftraggeber und beginnt, zwischen der leeren Arbeitswohnung und den städtischen Cruising-Spots zu pendeln: dem dunklen Darkroom einer Schwulenbar, dem nahezu vergessenen Teil eines Skulpturenparks, einer verlassenen Autowaschanlage. Im Darkroom trifft er eines Nachts auf Miller, der ihn freigiebig an seinen Drogen und Märchen teilhaben lässt. Immer öfter zieht er mit ihm durch die Nächte der anonymen Stadt, in der ihm Risiko und Exzess, aber auch verschwenderische Zärtlichkeit begegnen. Mit einer an Selbstauslöschung grenzenden Entschlossenheit will er sich immer weiter von seiner Vergangenheit entfernen. Doch je tiefer er in der Szene versinkt, desto gnadenloser wird er von den Erinnerungen an seinen Bruder heimgesucht.

Eine Graphic Novel, die Schutz in der Bewegung sucht und Intimität in der Anonymität findet. Ein kompromissloser Text von Mazlum Nergiz, den Leonie Ott durch ihre mal albtraumhaften, mal versöhnlichen Bilder cruisen lässt.

 

Erica Fischer, Schriftstellerin, Barcelona / Maxi Obexer, Schriftstellerin und Theaterautorin, Berlin/Südtirol

„Wir kommen“, Kollektivroman, Dumont Verlag, 2024

18 Autorinnen schreiben über weibliches Begehren. 

Lesung

Was passiert, wenn 18 Autor:innen aus mehreren Generationen sich gemeinsam über Sexualität und Begehren austauschen? Was, wenn sie dabei anonym bleiben? In einem einzigartigen Experiment verbindet “WIR KOMMEN” die Stimmen von Autor:innen verschiedener Identitäten und Herkünfte zu einem kollektiven Roman.

Die Autor:innen: Lene Albrecht · Ulrike Draesner · Sirka Elspaß · Erica Fischer · Olga Grjasnowa · Simoné Goldschmidt-Lechner (sgl) · Verena Güntner · Elisabeth R. Hager · Kim de l’Horizon · I.V. Nuss · Maxi Obexer · Yade Yasemin Önder · Caca Savić · Sabine Scholl · Clara Umbach · Julia Wolf · und zwei Autor:innen, die anonym bleiben wollen

 

Moderation: Theresa Seraphin

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

18:00

Dienstag, 27. August 2024, 18 Uhr

Forum 2

VORTRAG, ERFAHRUNGSBERICHT, PERFORMANCE

In Transition

Körper auf dem Weg zu ihrem Selbst

 

Michael Peintner, Psychotherapeut, Mitarbeiter der Familien- und Sexualberatungsstelle COURAGE in Innsbruck und der Männerberatung in Bozen

Über die rechtlichen, sozialen und persönlichen Herausforderungen bei geschlechtsanpassenden Eingriffen

Vortrag

 

Geschlechter sind vielfältig, veränderbar, individuell und liegen auf einem Kontinuum. Akzeptanz, Respekt und Wertschätzung bezüglich geschlechtlicher, sexueller und amouröser Vielfalt sind ein fundamentales Menschenrecht. Trans*Personen brauchen Empowerment auf individueller Ebene, auf der Ebene sozialer Netzwerke, Gruppen und Organisationen, sowie auf struktureller Ebene.

 

Sandra Steinegger & Claudia Zingerle, Mamas eines kleinen Sohnes, Mitglieder des Vereins Famiglie Arcobaleno AltoAdige-Regenbogenfamilien Südtirol

Über den schwierigen Weg, eine Familie zu werden. Der Kampf um die rechtliche Anerkennung in Italien 

Erfahrungsbericht

 

Regenbogenfamilien: Familien wie alle anderen (?) Wer ist Familie?, fragen Sandra Steinegger und Claudia Zingerle. Und wer darf Familie? Regenbogenfamilien sind Familien von LGBTQIA+-Eltern. Die beiden Referierenden berichten von ihrem Alltag als Regenbogenfamilie: vom Weg zum „Familie-werden“, dem Kampf um rechtliche Anerkennung und dem Einsatz der Regenbogenfamilien gegen Diskriminierung und für mehr Rechte in einem Staat, der ihre Existenz nicht anerkennt.

 

Jan Geiger, Autor und künstlerischer Co-Leiter des PATHOS theater München & Lisa Jeschke, Lyriker:in und Performer:in

Feast. Zwei fast austauschbare Körper suchen nach einer Form.

Performance

 

Feast. Eine minimal opulente Poetry Performance zweier fast austauschbarer Körper auf der Bühne, die nach Form suchen und auslaufen. Im Gym schwitzen, bis sie in Angstschweiß baden. Maskulinität, Softness. Alles ausziehen, aber der Hoodie bleibt an. Essen, immer mehr essen, bis sich der Körper auftürmt. Bear. Mit Titeln wie sweat, wear, tear, stream, fear geben die queeren Exzess-Texte von Jan Geiger und Lisa Jeschke, was sie können.

 

Moderation: Valentina Gianera

Ort

Schloss Velthurns

UHR

18:00

Mittwoch, 28. August 2024, 18 Uhr

Forum 3

PANEL DISCUSSION, PERFORMANCE, LESUNG

Mein queeres Südtirol

Wer vertritt und sensibilisiert? Wer setzt sich politisch ein und bietet Plattformen?

 

Priska Garbin, Antidiskriminierungsstelle

Fiore Sinzar Hafner, Centaurus Arcigay Centaurus Arcigay Alto Adige Südtirol

Madu Alber & Rachele Sordi, Vorstandsmitglieder Alto Adige Pride Südtirol

Panel Discussion

 

 

Theresa Seraphin, Autorin und Dramaturgin

“Erik.A”

Performance

Im Gespräch mit Moderator Peter Stuppner berichtet Theresa Seraphin aus dem Entstehungsprozess der Produktion ERIK*A (UA 2023, Schauburg München, Regie: Daniel Pfluger), die 2024 mit dem Jugendstückpreis des Heidelberger Stückemarktes ausgezeichnet wurde.
Sie zeigt Video-Ausschnitte und liest Textauszüge. Gemeinsam reflektieren sie, wie das Geschwisterpaar Klaus und Erika Mann zur Inspiration des Theaterabends wurde, fragen nach der Bedeutung von queeren Themen im Kinder- und Jugendtheater und mit welchen Herausforderungen sich Theaterhäuser und Pädagoginnen durch Queerfeindlichkeit konfrontiert sehen.

 

Allex. Fassberg (dramaturgisch und schriftstellerisch tätig)

„Meine nackte Existenz“, 2023

Lesung

 

Der Text befasst sich mit der Tradition der „Burnesha“, die seit Jahrhunderten vor allem im ländlichen Albanien praktiziert wird: Personen, die als weiblich gelesen und erzogen werden, übernehmen nach dem Tod des Patriarchen die soziale Rolle des Vaters beziehungsweise des Mannes in ihrer Familie.

 

Moderation: Peter Stuppner

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

18:00

Donnerstag, 29. August 2024, 18 Uhr

Forum 4

VORTRAG, LESUNGEN

Queere Tiere

Binäre Geschlechter, Transsex, Intersex, Zwittertum: Vorstellungen von dem, was normal oder schicklich ist, haben unter Tieren keine Bedeutung.

 

Ismeni Walter, Umweltjournalistin für ARD, WDR, arte, lehrt an der Hochschule Ansbach

Queere Tiere. Expeditionen ins Tier-Reich

Vortrag

 

Die Erfindung des Geschlechts war ein Riesencoup der Evolution. Wer sich sexuell fortpflanzt – und das sind beileibe nicht Alle, die Mehrzahl aller Lebewesen hat kein Geschlecht – hat in Sachen genetische Vielfalt die Nase meilenweit vorn. Dabei gibt es im Tierreich fast nichts, was es nicht gibt: binäre Geschlechter, Transex, Intersex, Zwittertum… Ismeni Walter nimmt die Zuhörenden mit ins „Queer-Reich“, wo menschliche Vorstellungen von dem, was „normal“ oder „schicklich“ ist, keine Bedeutung haben. Dort treffen sie zum Beispiel transsexuelle Anemonenfische und schwangere Seepferdchenmänner, promiskuitive Delfine, Vögel und Fische mit drei und mehr Gendern, oder Intersex-Hausschweine. Die Liste ließe sich endlos fortführen und reicht vom Plattwurm bis zum Menschenaffen. Die zentrale Botschaft lautet: Was sich in der Natur etabliert, hat auch seinen Sinn –egal, was der Mensch davon hält.

 

Rut Bernardi, Lehrbeauftragte an der Freien Universität Bozen und Schriftstellerin

„Katzenhaftes“, Union di Ladins de Gherdëina, 2024

Lesung

 

Die Abenteuer zwischen Gebären und Sterben der zwei verwöhnten Katzen Tita und Grija, der wilden Minili mit ihren Jungen Brodl und Pico, des kleinen Pitl Pulesc, der kranken Katze Mali Mali und noch anderer Miezen, werden aus der Sicht der Katzen und aus der Sicht des Menschen erzählt.

 

Maxi Obexer, Schriftstellerin und Theaterautorin

„Unter Tieren“, Roman, Weissbooks Verlag, 2024

Lesung

 

An einem Morgen im Frühling verlässt Antonia den Hof. Zuvor ließ sie all ihre Kühe abtransportieren. Ihre Nichte findet sie in der Psychiatrie wieder – und erinnert sich: an ihr Aufwachsen mit den Tieren; an die Fährten, denen sie mit ihrer Hündin in den Wäldern und im Gebirge folgte; an den Sommer mit den Kühen auf der Alm.

»In diesem Roman sind die Tiere die Wissenden. Sie lehren den Menschen, sie lehrten Agnes, was Liebe und Schönheit ist. Maxi Obexer kehrt in diesem Roman unseren Blick auf die Tiere grundlegend um.« Claudia Kramatschek, Deutschlandfunk

 

Moderation: Nina Schröder

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

18:00

Freitag, 30. August 2024, 18 Uhr

Forum 5

VORTRAG, GESPRÄCH, LESUNGEN, LECTURE PERFORMANCE

Rock- und Hosenrollen

Queer-feministische Überschreibungen in Theater, Film und in der Literatur

 

Christine Richter-Nilsson, Autorin und Dramaturgin

Vortrag

 

Queere Besetzungen haben eine lange Tradition und gehen bis auf das antike Theater zurück, wo ausschließlich Männer an der Rampe rezitierten. Bis ins 17. Jahrhundert war es Frauen nicht erlaubt, die Bühne zu betreten: alle weiblichen Rollen wurden von Männern in Röcken gespielt. Gwyneth Paltrows Auftritt als Julia in John Maddens Film „Shakespeare in Love” (1999) ist eine reizende aber erfundene Geschichte, die der Theaterentwicklung vorausgreift. Erst während der englischen Restauration durften Frauen als erfolgreiche Hosenrollen auf der Bühne glänzen.

In der neuen Dramatik des 21. Jahrhundert werden viele Klassiker radikal umgeschrieben. Dabei wird auch manche(r) Held/Heldin mit einer anderen Geschlechterrolle überschrieben. Dramatiker:innen schreiben heute „queere“ Besetzungen bewusst vor, überschreiten sozial konstruierte Gender-Grenzen, überschreiben klassische Figuren, um Geschlechter- und Theaterkonventionen aus einer feministischen, gender-kritischen und postkolonialen Perspektive zu hinterfragen. Frei nach Shakespeare oder Fontane werden neue selbst-ermächtigte Protagonist:innen geschaffen, die sexistische Zuschreibungen und toxische Geschlechterrollen im Literatur- und Theaterkanon offenlegen.

 

Moritz Franz Beichl, Autor und Regisseur & Tommy Fischnaller-Wachtler, Schauspieler

Am Beispiel von Effi Briest

Gespräch

 

Frei nach Fontane, frei von Fontane, mit fast keinem Satz von Fontane, wer braucht schon Fontane, wenn man Effi hat? Effi, Effi, Ach, Effi, Effi, Ach, Ach.

Effi liebt Abenteuer, Freiheit und vor allem Käse – mehr als sie je einen Mann lieben könnte. Mit 17 Jahren wird Effi an Baron von Innstetten verheiratet, der nicht nur mehr als doppelt so alt ist, sondern in seiner Jugend auch in Effis Mutter verliebt war.

Perfekte Bedingungen für eine glückliche Ehe! Plötzlich taucht Major Crampas auf dem Spielfeld auf, der alles darstellt, was Effis Gatte nicht ist: leidenschaftlich, witzig – und er hat ein Sixpack. Von nun an fällt es Effi zunehmend schwerer, ihre Rollen als Tochter, Ehefrau, Mutter, Liebhaberin und letztendlich Frau auszubalancieren. Am Ende gibt es zwei Tote.

EFFI BRIEST ist eine Liebeserklärung an starke Frauen, eine Satire über heterosexuelle Cis-Männer, eine absurde Komödie über eine klassische Welt, ein emanzipatorisches Lustspiel, ein Versuch über den allbekannten Längenvergleich des männlichen Geschlechtsteils, ein Stück über Zärtlichkeit, Sehnsucht und die Liebe zu Käse – denn als Frau in einer patriarchalen Gesellschaft wird Effi von Käse im Gegensatz zu Männern nie unterschätzt.

 

Moritz Franz Beichl, Autor und Regisseur, Wien, Hausregisseur am Deutschen Theater Göttingen

„Männer“, Roman, Residenz Verlag, 2024

Lesung

 

In Moritz Franz Beichls Roman begegnen sich zwei Männer, die nichts gemeinsam haben – außer etwas Wesentliches: den Vater. Denn alles unterscheidet den Erzähler von seinem Bruder Konrad, dem Juristen und Familienvater, der in einem schönen Haus wohnt – und ein konventionelles Männerbild fortschreibt. Attraktiver, moderner, aber mit all der normativen Gewalt, die da immer schon war. Doch jetzt ist der Vater gestorben, die beiden Brüder müssen gemeinsam das Begräbnis organisieren – und erstmals hat der Erzähler seinem großen Bruder etwas entgegenzuhalten: ein selbstbestimmtes Leben als Balletttänzer, als schwuler Mann, als eigensinniger Single. Die alten Konflikte brechen auf, aber Versöhnung kann es vielleicht auch geben, ohne das Leben des anderen ganz zu verstehen.

 

Raphaëlle Oskar, Autorin und Komponistin

Yentl – Queer durch den verbotenen Raum

Lecture Performance

 

Raphaëlle Oskars Lecture Performance liest Isaac Bashevis Singers Yentl und empfindet die Sehnsucht nach verbotenem Raum nach, sowie den Weg, den frau bereit ist zu gehen, um ihn zu betreten. Wenn sich die Meridianen des Aus- und Einschlusses und die Parallelen des un/erlaubten Körpers überschneiden, beheimaten die Kleider einen, machen die Kleider Leute.

Moderation: Toni Bernhart

Ort

Schloss Velthurns

Uhr

19:00

Biografien

Bernhard Studlar, Mentor

Bernhard Studlar wurde in Wien geboren. Er studierte „Szenisches Schreiben“ an der UdK Berlin. Sein Stück „Transdanubia Dreaming“ gewann den Preis des Heidelberger Stückemarktes und wurde 2003 am Burgtheater Wien uraufgeführt. Auftragswerke u.a. für das Schauspielhaus Hamburg, Burgtheater Wien und das Slowakische Nationaltheater Bratislava. Bernhard Studlar schreibt Theaterstücke sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Jugendliche. 2005 gründete er zusammen mit Hans Escher, das Autor:innentheaterprojekt WIENER WORTSTAETTEN, dessen künstlerischer Leiter er bis heute ist.

Maxi Obexer, Mentorin, Team

Maxi Obexer ist Schriftstellerin und Theaterautorin. Gründerin der Summer School Südtirol 2015. Studium der Vergleichenden Literaturwissenschaft, Philosophie und Theaterwissenschaft in Wien und Berlin. Gastprofessorin an zahlreichen US-amerikanischen Universitäten, unter anderem am Dartmouth College und an der Georgetown University, unterrichtet regelmäßig am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und an der UDK in Berlin. Preisträgerin der Poetik Dozentur der Alice-Salomonon-Hochschule 2023. Von ihr erschienen, neben rund 20 Theaterstücken, der Roman „Europas längster Sommer“ sowie das vielfach preisgekrönte Hörspiel „Illegale Helfer“. Zuletzt veröffentlichte sie den Roman „Unter Tieren“ im Weissbooks Verlag, 2024. Mehr hier.

Theresa Seraphin, Mentorin

Theresa Seraphin ist freie Autorin und Dramaturgin. 2016 gründete sie zusammen mit Raphaela Bardutzky das NETZWERK MÜNCHNER THEATERTEXTER*INNEN (NMT), in dessen künstlerischem Leitungsteam sie bis heute ist. Als Autorin hat sie einen Schwerpunkt auf kollektiven Arbeitsprozessen und offenen Projektentwicklungen. Wiederkehrende Themen ihrer Arbeit sind Feminismus, Trauma sowie Queerness und linker Aktivismus. Für ihr Jugendstück ERIK*A (UA 2023 an der Schauburg München) erhielt sie den Jugendstückpreis des Heidelberger Stückemarktes 2024. Die Tanzproduktion UNISONO (2023, MAKEMAKE produktionen, WUK) ist nominiert für den STELLA* Darstellender.Kunst.Preis. für junges Publikum 2024. Seraphin veröffentlichte in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien, so u.a. in der Literaturzeitschrift JENNY, MISCHEN, Zeit online oder dem Jahrbuch der Lyrik 2024.

Anna Heiss, Team

Kulturmanagerin, bei der Summer School Südtirol zuständig für Rechnungslegung

Maria Lobis, Team

PR-Fachfrau und Journalistin, bei der Summer School Südtirol zuständig für Kommunikation

Judith Waldboth, Team

Im Bereich Alphabetisierung und Deutsch als Zweitsprache für Kinder, Jugendliche und Erwachsene tätig, bei der Summer School Südtirol zuständig für Organisation

Carmen Torggler, Team

Lehrperson für das Fach Ernährungslehre, bei der Summer School Südtirol zuständig für Organisation

Anne Schneider, Team

im Lektorat und mit Dienstleistungen für Autor:innen tätig, bei der Summer School Südtirol zuständig für die Website

Autor:innen, Stipendiat:innen, Referent:innen 2024

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Schloss Velthurns

Publikum
© Jörg Oschmann

Schlossgarten
© Jörg Oschmann

Lungomare
© Jörg Oschmann

Publikum
© Jörg Oschmann

Eröffnung
© Jörg Oschmann

Vortrag im Schlosssaal
© Jörg Oschmann

Radoarhof

Kathrin Röggla
© Andreas Schmidt

Monika Hauser
© Anna Verena Müller/medica mondiale

Gespräche

Barbara Plagg
© Jörg Oschmann

Carlo Gallo

Maxi Obexer
© Jörg Oschmann

Maria CM Hilber

Musik
© Jörg Oschmann

Sasha Marianna Salzmann

Werkstattgespräche

Forum
© Jörg Oschmann